AZT Tag 34, 20.3 Meilen bis zum East Verde River, AZT-Meile 436

Heute geht es ein Stück weit durch die Red Hills. Roter Sandstein, üppig bewachsen, ein weiter Weg, viel hoch und runter – deutlich über 1000 Höhenmeter – und schließlich ein Camp am East Verde River. Und irgendwann zwischendurch der Ausblick oben: Zu sehen ist Mount Humphreys, der höchste Berg Arizonas. Dorthin geht es in den nächsten Etappen – Mount Humphreys steht kurz hinter Flagstaff und ist von diesem Punkt aus noch deutlich über 100 Meilen entfernt. Der Berg ist fast 4000 Meter hoch, ein heiliger Berg für mehr als ein Dutzend indigene Völker, und – Arizonas höchstgelegenes Skigebiet. Auch aus dieser Entfernung kann man gut sehen, dass dieser Vulkan in der Wüste zumindest in dieser Jahreszeit schneebedeckt ist!

Während des Tages treffe ich viele Wanderer wieder, die mir auch schon in den letzten Tagen begegnet sind – Rodeo, Peter Pan, Poseidon, und Samurai. Im Gegensatz zu meiner PCT-Erfahrung bin ich diesmal offenbar in einem ähnlichen Tempo unterwegs wie viele andere. Der Weg führt kontinuierlich durch dichtes Grün, und immer wieder gibt es Aussichten, hier auf den Mogollon Rim, dem ich mich jetzt nähere:

Der Mogollon Rim ist eine Felsabbruchkante, die die beiden großen Teile der AZT-Wanderung voneinander trennt: Die Sonora-Wüste im Süden, und das Colorado-Plateau im Norden. Dazwischen liegt diese Stufe, die etwa 1000 Meter hoch ist. Ich fühle mich an meine heimische Schwäbische Alb erinnert – unten das (flache) Remstal, oben das (flache) Donautal, dazwischen die sehr schroffe und gebirge Stufe der Schwäbischen Alb, ungefähr 500 Höhenmeter. Zu Hause ist das Klima auf dem Hochplateau der Donau sehr fühlbar anders als in der tieferen Ebene der Rems – ich bin gespannt, wie das hier sein wird. Was anders ist: In der Sonora-Wüste gab es immer wieder hohe Berge, die über ein anderes Klima als die Ebene verfügten. Und wenn ich Mount Humphreys oben so sehe, dann scheint das auf dem Colorado-Plateau auch so zu sein.

Heute geht es aber noch nicht so weit; mein Tag soll am East Verde River enden, auf der LF-Ranch. Bei Einbruch der Dunkelheit habe ich diesen Anblick:

Ich fände es gut, wenn der Tag jetzt vorbei wäre, aber der mein Tagesziel, der East Verde River, befindet sich erst unterhalb der Scharte … ich wandere weiter, komme in die Dunkelheit. Es ist schön hier, aber ich bin müde, falle zweimal beim steilen Abstieg im Schein meiner Stirnlampe, verletze mich dabei ein wenig an den Händen – nichts schlimmes, aber es blutet. Naja. Irgendwann bin ich im Tal.

Als ich am East Verde River ankomme, ist es so dunkel, dass ich mir nicht mehr zutraue zu beurteilen, wie tief das Wasser ist, wie schnell es fließt, oder wie eben der Grund des Flusses ist. Also entscheide ich, vor der Flussüberquerung zu campen und am Morgen weiter zu gehen. Es ist nicht ganz einfach, im hohen Gras einen Campingplatz zu finden, aber schließlich gelingt es mir. Ich habe Gesellschaft: M., ein Wanderer aus Frankreich, bittet mich um Hilfe beim Zeltaufbau. Ich helfe natürlich gern, wundere mich aber schon etwas – ein Wanderer in der Wildnis, der nicht weiß, wie er sein Zelt aufbauen kann? Kurz darauf fragt er mich nach einer Wegbeschreibung. Er ist in der umgekehrten Richtung unterwegs, und hat offenbar weder Karten noch eine brauchbare Navigations-App dabei. Ich erkläre ihm natürlich gern, was ich weiß – aber wundere mich weiter. Manche Menschen gehen durch wesentlich – sagen wir – zeiteffizientere Vorbereitung Risiken ein, die ich für mich nicht für aktzeptabel hielte. Kurz darauf koche ich im Dunkeln, treffe noch Beer Run, der in der Nacht unbedingt noch den Fluss überqueren will, und liege bald darauf in meinem Zelt. Eine Nacht Schlaf wird gut tun.

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