Am Morgen ist es wirklich kalt. Meine Zeltplane ist gefroren – von außen und von innen. Rauhreif und Kondenswasser. Auch der Forggensee kündet unmissverständlich den nahenden Winter an. Ich erinnere mich daran, Tourist zu sein, und gehe vor dem Frühstück eine Runde Fotografieren.
Anschließend genieße ich die Wärme des Waschhauses, des Kaffees und des kleinen Aufenthaltsraumes, in dem ich frühstücke. Die Zivilisation hat ihre schönen Seiten – irgendwo in der Wildnis Nordamerikas wäre dieser Morgen deutlich ungemütlicher. Aber will ich nicht gerade dorthin, weil ich dieses Hin- und Hergerissensein zwischen der Zivilisation, wie ich sie kenne, und dem absolut reduzierten Leben da draußen ausloten möchte? Und dabei eine Antwort finden, wie meine nächsten zwanzig Jahre aussehen sollen?
Wie dem auch sei, heute ist kein Tag für die Wildnis. Nach dem Frühstück packe ich meinen Rucksack, verlasse den Zeltplatz und nehme den Bus nach Hohenschwangau. An der Talstation der Tegelbergbahn steige ich aus und gehe erneut den Weg zum Alpsee. Das klare Morgenlicht lässt Neuschwanstein ganz anders erscheinen als der mühsam durchdrungene Nebel im letzten Abendlicht des Vortags. Licht ist alles bei Fotos im Freien …
Am Alpsee angekommen, beschließe ich, den Weg nach Füssen zu gehen. Wäre ich nicht zum Zeltplatz Brunnen gelaufen, hätte ich diesen Weg über den Füssener Kalvarienberg am vierten Tag in umgekehrter Richtung begangen. Ich bin nicht der einzige auf den Wanderwegen im Wald, aber verglichen mit dem Trubel an den Schlössern und der Bergbahn ist es hier ruhig. Es ergeben sich noch ein paar schöne Perspektiven auf Neuschwanstein.
Nach einiger Zeit erreiche ich die Kreuzigungsgruppe oberhalb von Füssen, genannt Kalvarienberg. Eine Tafel weist mich darauf hin, dass hier schon Päpste den Kreuzweg gegangen sind. Ich finde den Monumental-Jesus und seine Begleiter etwas überdimensioniert, freue mich aber an der Aussicht und mache eine Weile Pause. Danach gehe ich bei strahlendem Sonnenschein herunter nach Füssen.
Die Stadt präsentiert sich von ihrer schönsten Seite, und Google weiß, wo ein vegetarisches Mittagessen zu finden ist. Nachdem ich dieses zu mir genommen habe, findet sich auch ein Zug zurück nach Aalen.
So endet auch meine zweite Wanderung vorzeitig – ob des Wetters, und weil das, was ich vorgefunden habe, mit meinen Erwartungen und Wünschen so gar nicht zusammenpasste. Dafür kann der Maximilansweg nichts. Aber ich kann etwas daraus lernen.