Irgendwann während der Mule Days habe ich in Bishop Vorräte eingekauft, Wäsche gewaschen, geduscht, gegessen und auch sonst alles getan, was man als Wanderer in der Stadt so tut. Heute soll es wieder auf den Weg gehen – 40 Meilen mit dem Auto von Bishop nach Independence, dann 15 Meilen die Bergstraße hinauf zum Onion Valley Campground, dann zu Fuß 7.9 Meilen über den Kearsarge Pass und schon bin ich wieder am PCT!
Ich stelle mich gegen Mittag an die Straße und strecke den Daumen raus. Hunderte Autos fahren an mir vorbei, aber niemand nimmt mich mit. Erst nach fast zwei Stunden hält ein Auto, das aussieht, als ob jemand alles irgendwie entbehrliche abgeschraubt und weiterverkauft hat, insbesondere die Verkleidung des Armaturenbrettes. Ich steige ein, komme mit dem Fahrer ins Gespräch. Er stammt aus Big Pine, einem kleinen Ort zwischen Bishop und Independence, und hat in Bishop ein neues Batterieladegerät für Autos gekauft. Sein altes war ihm gestohlen worden. „Und ich brauche das, wenn ich die Autos der anderen Mitglieder meiner Kirche repariere.“ Wir unterhalten uns noch eine Weile, dann sind wir in Big Pine und er lässt mich aussteigen. Erst als er im Reservat auf eine Wohnstraße abbiegt, wird mir klar, dass ich zum ersten Mal bewusst Kontakt mit einem Native American hatte.
Eine halbe Stunde später hält ein älteres Ehepaar. Sie haben noch 350 Meilen vor sich, finden meine Geschichte aber so spannend, dass sie es sich nicht nehmen lassen wollen, mich bis zum Trail Head im Onion Valley zu fahren, anstatt mich in Independence an der Kreuzung herauszulassen. Nach fünf Meilen mit Tempo 30 auf der kurvenreichen, steinschlaggefährdeten und durch Leitplanken kaum geschützten Straße schwant dem Fahrer, auf was er sich da eingelassen hat – aber er bringt mich trotzdem bis zum Parkplatz hoch. Vielen Dank dafür!
Inzwischen ist es 16:00 geworden. Ich spute mich beim Wandern. Je näher ich heute noch an den Glen Pass herankomme, umso besser bin ich morgen früh dran. Diesmal allerdings fotografiere ich zwei der Seen auf dem Weg zum Kearsarge Pass – erst einen ohne, und dann einen mit Eisdecke:
Auf der anderen Seite des Passes fällt mein Blick zurück. Ein paar andere Wanderer haben kurz nach mir die Passhöhe erreicht – siehe oben.
Im Eiltempo erreiche ich die Kreuzung des Kearsarge Trails mit dem PCT gerade so im letzten Sonnenlicht. Knapp acht Meilen nach 16:00, und dabei noch über einen Pass – das hatte ich bisher noch nicht geschafft. Ich baue mein Zelt auf und koche mein Instant-Abendessen. Sowie die Sonne untergegangen ist, wird es sehr kalt – ich bin auf 3280 Metern.
Vor dem Tag morgen habe ich gehörigen Respekt. Auf Far Out standen etliche Warnungen, man solle nur ja nicht glauben, es mit Mount Whitney und Forrester Pass überstanden zu haben – Glen und Mather Pass seien zwar nicht ganz so hoch, aber die Schneefelder deutlich schwieriger und gefährlicher, im Jargon: technischer. Ich mag mir nicht so recht ausmalen, was das bedeuten könnte, kann mich von dem Gedanken aber auch nicht lösen. Morgen werde ich es sehen.
Irgendwann schlafe ich ein.