PCT 2022 Tag 80: 12.4 Meilen über den Glen Pass bis PCT-Meile 801.5

Es ist eiskalt in der Nacht, ich wache mehrmals auf und ziehe mir in meinem Schlafsack eine weitere Schicht warmer Kleidung an. Schließlich stehe ich sehr früh auf. Der Weg über den Glen Pass steht an, und auch wenn ich großen Respekt vor dem Schnee habe, gehe ich los. Die einzige Alternative wäre, zurück zu gehen – das kann ich immer noch tun, wenn es mir zu schwierig oder zu gefährlich wird. Immer ein Schritt auf einmal, und die ersten paar Schritte sind nichts besonderes.

Ich komme an einem zugefrorenen See in der Morgensonne vorbei:

Es sieht sehr ähnlich aus wie am Vortag. Interessanter ist da schon der zugefrorene Schmelzwasserbach:

Es geht gut voran, und schon bald kann ich die Passhöhe sehen – siehe oben! Und dann kommt der gefürchtete Abstieg. Alles ist auf diesem Übersichtsbild gut zu erkennen – wenn man weiß, wo man hingucken muss:

Weil das nicht so einfach ist, hier ein Ausschnitt aus dem oberen Teil des Bildes:

Zu sehen ist die Steiltraverse unmittelbar nach dem Pass. Gut zu sehen sind auch die Fußspuren auf zwei unterschiedlichen Höhen. Solange der Schnee hält und man das Gleichgewicht nicht verliert, kann fast gar nichts passieren … Ich entschließe mich zu Eispickel und Microspikes. Es ist noch früh am Morgen, nach der kalten Nacht ist der Schnee an der Oberfläche fest gefroren, die Microspikes geben mir wie geplant guten Halt und nach kurzer Zeit ist diese Stelle überwunden!

Weiter geht es, immer den Spuren nach, den Hang abwärts, so wie es auch diese Wanderin macht:

Auch dies ist ein Ausschnitt aus dem Bild oben, viel Spaß beim suchen!

Zu guter Letzt kommt noch eine Rutschbahn, im Jargon Glissading. Und dann bin ich aus dem dicksten heraus:

Irgendwann auf diesem Stück überholt mich ein Österreicher. Und er sagt einen Satz zu mir, der eine nachgerade magische Wirkung entfaltet: Es ist doch nur Schnee. Mein erster Gedanke: als Österreicher muss er das wissen. Und mein zweiter Gedanke: er hat recht. Es ist nur Schnee. Und wie man auf Schnee wandert, kann ich genauso lernen, wie ich gelernt habe, mich auf Felsen zu bewegen. Und ich bin schon mitten drin und mache gute Fortschritte!

Der Bann ist gebrochen, meine Angst vor dem Schnee dahin. Ich weiß jetzt: es ist nur Schnee, und damit habe ich gelernt, umzugehen. Mehr Erfahrung wäre sicher gut, aber alles, was man wirklich können und wissen muss, kann und weiß ich jetzt. Und ich habe eine Schneeausrüstung dabei, mit der ich umgehen und auf die ich mich verlassen kann.

Sehr beruhigt verlasse ich den Pass.

Es geht wieder vorbei an strahlend schönen Hochgebirgsseen:

Und dann kommt eine Hängebrücke:

Indiana Jones, schreit mein inneres Kind. Und tatsächlich ist die Brücke genauso wackelig wie ihr filmisches Vorbild. Als dann auch noch eines der Trittgitter an einer Ecke aus seiner Verankerung mit dem tragenden Seil gerissen ist, geht mir die Ähnlichkeit mit dem Filmvorbild doch ein bisschen weit …

Kurz darauf passiere ich einen weiteren Meilenstein:

800 Meilen bin ich jetzt seit der mexikanischen Grenze gewandert!

Ich campe bei Meile 801.5, zur Abwechslung mal nicht alleine, sondern mit vielen anderen Wanderern zusammen. Unsere kleine Zeltstadt zählt mehr als 15 Dächer.

Morgen geht es über den nächsten Pass.

2 Comments

  1. Elaina+

    Hallo Gregor, Es klingt für mich, als ob Sie eine sehr reiche Zeit haben. Laut meiner Karte scheinen Sie jetzt wieder nach Süden zu reisen, zurück in Richtung Lone Pine. Ja? Elaina+

    1. Gregor

      Nicht ganz. Ich bin dort auf dem PCT wieder eingestiegen, wo ich vorher ausgestiegen war. Da Bishop ein bisschen nördlich vom Ausstiegspunkt liegt, bin ich dafür wieder „etwas“ nach Süden gefahren. So ungefähr 80 km.

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