PCT 2022 Tag 5, 18.2 Meilen bis zum Camp kurz nach dem Sunrise Trailhead

In dem etwas spartanischen Zimmer in der Mount Laguna Lodge beginnt unser Tag kurz nah Sonnenaufgang. Vor der Tür wartet eine Überraschung: eine Truthahnfamilie macht sich schleunigst aus dem morgendlichen Weg! Ich dachte bisher, die Leben an der anderen Küste. Wieder etwas gelernt.

Nachdem alles gepackt ist und die Schlüssel abgegeben sind, geht es zum Desert View Picnic Ground, dem Ausgangspunkt der heutigen Wanderung. Von dort fällt der Blick zum ersten Mal auf die Anza-Borrego-Wüste. Das riesige Trockengebiet flösst Ehrfurcht ein, insbesondere, nachdem das Ziel der nächsten Etappe, der Mount San Jacinto, klar dahinter zu sehen ist (ganz links im Bild)! Da soll ich also durch?

Der PCT folgt für heute im wesentlichen parallel dem Verlauf des Sunrise Highway, der gebaut wurde, um Mount Laguna für Wochenendurlauber aus San Diego zugänglich zu machen. Allerdings verläuft der Wanderweg den ganzen Tag lang entlang der Abbruchkante, so dass die Wüste fast kontinuierlich im Blick bleibt. Ich beginne die Genialität der Menschen zu verstehen, die diese Wegführung vor Jahrhunderten gewählt haben: Um der schlimmsten Hitze im Sommer zu entgehen, führt der Weg nicht direkt durch das Tal nach San Jacinto, sondern immer durch die Höhenlagen. Auch jetzt zum Frühlingsanfang ist der Temperaturunterschied zwischen den verschiedenen Höhenlagen klar wahrnehmbar – und die Höhe sehr angenehm! Dazu kommen zumindest fürs erste die schattenspendenden Kiefern. Die hier heimische Art bildet wirklich enorme Zapfen!

Nach kurzer Zeit führt der Weg am Foster Point vorbei. Hier treffe ich wieder auf Moira, die Grundschullehrerin aus Alaska, mit der ich in den letzten Tagen viel Zeit verbracht habe. Sie ist nur für ihre zweiwöchigen Frühlingsferien zum Schnuppern auf dem PCT unterwegs, ist sich aber sicher, dass sie „demnächst“ diese Wanderung fortsetzen wird.

Nicht allzu viel später wartet dann der zweite Meilenstein auf dem PCT. Nachdem der erste Marker gleich bei Meile 1 angebracht war, zeigt dieser an, dass bereits 50 Meilen geschafft sind!

Noch ein bisschen weiter wird mir das absolut beherrschende Thema dieses und der nächsten Tage klar: Wasser. Es ist extrem knapp in dieser Trockenheit, und oft von abenteuerlicher Qualität. So auch am Trailhead Pioneer Mail:

Die Warnung, dies sei kein Trinkwasser, nützt nichts – anderes gibt es auf viele Meilen hinaus nicht. Auch dass im Trog tote Insekten schwimmen, ist kein Argument. Wasser ist hier wertvoller als Geld, also wird gefiltert oder mit Reinigungstabletten behandelt – und gehofft, dass diese Mittelchen das Wasser wirklich genießbar machen. Über die Zeit wächst mein Vertrauen in diese Technologien deutlich an – auch aus Zweckoptimismus …

Ab dem Trailhead Pioneer Mail folgt der PCT für kurze Zeit einem älteren Verlauf des Sunrise Highway. Der Weg ist nicht asphaltiert, aber leicht gangbar und gut mit dem Auto zu erreichen. Der Blick über die Anza-Borrego-Wüste ist wieder atemberaubend:

Das haben sich auch andere gedacht. Hier finden sich einige der ungewöhnlichsten Grabmäler, die mir bis jetzt begegnet sind. Eins habe ich fotografiert:

Ganz offensichtlich wird es regelmäßig besucht.

Ein paar Meilen später habe ich ein Deja-Vu: Mit einem lauten „Klack“ zerfällt mein linker Wanderstock in zwei Teile. Das hatte ich doch letztes Jahr auch schon mal?

Reparieren kann ich das ganze mit meinen Mitteln nicht – obwohl es nicht schwierig aussieht. Man bräuchte nur zwei gescheite Zangen. Aber woher nehmen, mitten in der Wüste?

Mitten in diesen unangenehmen Gedanken kommen mir Monica und Matthei entgegen. Sie waren den kurzen Abstecher zum Sunrise Trailhead gegangen, wo es wieder Wasser gibt. „Geh da unbedingt auch hin, dort gibt es Trail Magic! Orangen, frisches Wasser und Donuts!“

Das lasse ich mir nicht zweimal sagen, und nach einer halben Meile treffe ich Happy Feet und Mr President. Happy Feet holt die verheißenen Kostbarkeiten aus dem Kofferraum seines Pickup-Trucks, Mr President ist nur kurz vor mir angekommen, genießt aber bereits seine Orange. Ich bedanke mich sehr und frage, ob so ein Pickup-Truck vielleicht zwei Zangen im Bordwerkzeug hat? Stellt sich raus, er hat, und so fummeln Happy Feet und ich meinen kaputten Wanderstock wieder zurecht.

Happy Feet ist den PCT im letzten Jahr gelaufen. Aus Dankbarkeit gegenüber denjenigen, von denen er im vergangenen Jahr Trail Magic erhalten hat, nimmt er sich dieses Jahr einen Tag Zeit, um den aktuellen Wanderern etwas Gutes zu tun. Ob ich ihm ein paar Dollar geben darf? „Vielen Dank für das Angebot, aber nein. Ich nehme nichts an.“

Mit fällt ein Satz von Cheryl Strayed ein, die Trail Magic in ihrem Buch „Wild“ so beschrieben hat: Random acts of kindness by complete strangers. Dem habe ich nichts hinzuzufügen.

Am nächsten Camp beschließe ich den Tag. Ich bin heute 18.2 Meilen auf dem PCT gelaufen und eine weitere Meile auf den beiden Abstechern zu Foster Point und zum Sunrise Trailhead. Das ist bis jetzt meine persönliche Bestleistung!

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