Der Weg führt heute zunächst auf den Suiattle Pass. Dort befindet sich ein echter Meilenstein: 100 Meilen von der kanadischen Grenze sind geschafft! Auf dem Weg lerne ich den großen Unterschied zwischen Nordhängen und Südhängen in den Cascades um diese Jahreszeit:
Die Südhänge haben bereits viel Sonne bekommen. Der Schnee ist getaut, die ersten Schmelzwasserflüsse bereits versiegt. Das Sonnenlicht hat üppiges Grün hervorgebracht – Farn, Brombeeren, Lupinen, und viele Pflanzen, deren Namen ich nicht kenne. Der Weg ist oft mannshoch überwuchert und bisweilen schwer zu erkennen.
Ganz anders die Nordhänge. Hier wächst noch kein Grün, Geröll- und Schneefelder wechseln sich ab. Schmelzbäche fließen unter den Schneefeldern hervor, und oft bleibt unklar, wie tragfähig die über dem Schmelzbach verbleibende Schneebrücke noch ist. Eingebrochene Fußspuren vorausgegangener Wanderer geben eindeutige Hinweise …
Mein Weg führt mich am Morgen sowohl über Nord- als auch über Südhänge auf die Passhöhe. An einer Stelle ist ein Lawinenabgang zu überwinden. Ich brauche fast eine halbe Stunde, um mich zu orientieren und die Fortsetzung des Trails zu finden. Es folgen mehrere Schneefelder; ich habe Glück, breche nicht ein und komme zügig voran. Die Passhöhe ist bald erreicht, und auf den erfolgreichen Aufstieg folgt unweigerlich der nächste Abstieg. Etliche Stunden später erreiche ich das Tagesziel: ein Camp am Suiattle-Fluss, der sehr viel Wasser führt und um diese Jahreszeit nicht ohne Brücke überquert werden kann. Auf Höhe meines Camps gab es bis vor einigen Jahren eine Brücke, dann ist sie einem besonders starken Frühjahrshochwasser zum Opfer gefallen. Die neue Brücke befindet sich ein paar Meilen flussaufwärts. Mit der Wanderung dorthin wird der Tag morgen beginnen.
Den Abend heute verbringe ich gemeinsam mit einer Gruppe anderer Wanderer im Camp, wir kochen und essen zusammen, und natürlich gibt es viel zu erzählen. Bin ich wirklich der einzige hier, der kein Gras raucht?