Am Tag 22 passiere ich wieder einen großen Meilenstein: 200 Meilen sind geschafft, siehe oben! Aber was ist das? Nur ein paar Meter weiter sind die 200 Meilen noch einmal geschafft:
Und wieder ein paar Meter weiter noch einmal:
Und diesmal sind aller guten Dinge sogar vier:
Kann sich vielleicht mal jemand entscheiden, wann der Meilenstein tatsächlich erreicht ist?
Die Erfahrung bringt mich ins Nachdenken. Meilensteine sind wichtig. Wenn man an einem vorbeikommt, zeigt er einem an, wie weit man schon gekommen ist. Das ist hilfreich. Aber Meilensteine können auch toxisch werden, dann nämlich, wenn das Erreichen des Meilensteins zum einzig relevanten Zweck des Weges wird. Einige Wanderer hier verhalten sich so: den Northern Terminus zu erreichen, und das möglichst schnell, ist alles, was zählt. Und wenn das nicht klappen sollte, dann war die Wanderung vergebens.
Doch was, wenn es klappt? Und man anschließend feststellt, das es am Ende wirklich niemanden interessiert, ob man es geschafft hat oder nicht? Depressionen nach Ende der Wanderung ist häufig.
Ich denke zurück an die Arbeit. Dort habe ich 20 Jahre lang Meilensteine definiert, zu erreichen versucht und schließlich deren Erreichung bewertet. Häufig hing am Erreichen eines Meilensteins für die Teammitglieder ein Teil ihres Einkommens. Da wird dann viel getan, um den Meilenstein auch ja zu erreichen, bis hin zu einer recht kreativen Interpretation der Faktenlage. Und schon gibt es vier verschiedene Meinungen, ob und wann der Meilenstein erreicht ist. Wie hier auf dem Weg!
Aber wenn der Meilenstein erreicht ist, dann ist da immer diese seltsame Leere. Das war es jetzt? Dafür der ganze Aufwand? Im guten Fall wird ein wenig gefeiert, im schlechten Fall nicht einmal das. Und dann sagt irgendjemand den schrecklichen, weil wahren Satz: Nach dem Meilenstein ist vor dem Meilenstein. Und das Spiel geht von vorne los. Wir retten uns vor der Depression, indem wir uns dem Wiederholungszwang hingeben.
Die Lösung liegt beim Wandern auf der Hand: Der Weg ist das Ziel. Wer das Wandern nicht genießt, dem wird auch das Erreichen des Northern Terminus nicht helfen. Das gilt aber auch anderswo: Wer die Projektarbeit nicht um ihrer selbst willen macht, dem wird auch der Abschluss des Projekts nichts helfen. Der Weg ist das Leben, nicht das Ende des Weges oder irgendein Punkt auf dem Weg.
Schön auf den Punkt gebracht hat dies GJ Coop in seinem Buch 100 days Te Araroa:
„The destination was the least important aspect of this journey, other of than providing the direction to point myself.“
Das ist weise, gesund und lebensbejahend. Warum ist es so schwer umzusetzen?