PCT 2022 Tag 32: 5.1 Meilen bis Joshua Inn bei PCT-Meile 313

Nach einem ausgiebigen morgendlichen Fußbad in der warmen Quelle macht das Wort von der Pizza die Runde. Bei Meile 313 kann man einen Abstecher zu einer Kneipe namens Joshua Inn machen, und dort gibt es Bier und Pizza … keiner möchte sich das entgehen lassen! Also wandern wir los mit der Idee, eine Mittagspause in der Zivilisation zu machen.

Aber erst einmal geht der Weg weiter durch den Canyon des Deep Creek. Über die Brücke oben führt er zu einer malerischen Stelle, an der ich mein Wasser wieder auffülle:

Kurz danach hält eine weitere Eidechse für ein Foto still:

Und dann kommt der Hammer. Nach einer Wegbiegung bietet sich folgendes Bild:

Kurzer Blick zurück vom gleichen Platz: Deep Creek ist noch da

Ein riesiger Staudamm staut – nichts. Kein Wasser. Eindrücklicher kann man Dürre kaum sehen – oder? Auf den zweiten Blick wird mir allerdings klar, dass dieses Reservoir nicht nur der Trinkwasserversorgung, sondern auch dem Schutz vor Hochwasser bei Springfluten dient. Insofern relativiert sich der erste Eindruck ein wenig, und es erklärt auch, warum im Bereich des Sees dieser schöne Joshua Tree wächst, der sicherlich älter als die aktuelle Dürre ist:

Oder ist der Damm einfach überdimensioniert?

Wie dem auch sei, am anderen Ende des Trockensees gibt es Pizza, und ich beschließe, die Abkürzung zu nehmen. Anstatt um den See herumzugehen, gehe ich mitten hindurch. Nach eineinhalb Meilen bin ich fast am Ziel: nur etwa 100 Meter trennen mich von der Straße, auf dessen anderer Seite das Joshua Inn steht. Blöderweise sind diese hundert Meter in Privatbesitz, umzäunt und mit Hunden gesichert … Also „eben“ um das Grundstück herumlaufen. Da muss es doch einen Weg geben!

Ich suche eine Stunde lang und lerne: leider nein. Auf vielen Meilen Länge gibt es nichts als Zäune. Mir bleibt nichts anderes übrig, als fast bis zum Staudamm zurückzugehen, um auf die Straße zu gelangen. Die tolle Abkürzung hat mich zwei Stunden gekostet … aber immerhin habe ich jetzt ein schönes Bild von einem Joshua Tree.

Auf der Straße angekommen, nimmt mich spontan jemand mit. Als ich sage, wo ich hin will, kommt so etwas wie: In diese Kaschemme traust du dich rein? Als ich am Joshua Inn ankomme, verstehe ich warum: das ganze sieht aus wie eine Filmkulisse aus den sechzigern, in der gleich irgendjemand erscheint und alles niederbrennt … mit etwas feuchten Händen setze ich mich zu den drei anderen Wanderern. „Wie lange wollt ihr bleiben?“ – „Bis die Pizza da ist.“ – „Ach, die wird hergebracht?“ – „Ja, dauert eine Stunde.“ Etwas resigniert rufe auch ich beim Pizza-Service an und bestelle anschließend ein Bier.

Und dann, irgendwann, geschieht es. Es kommen immer mehr Wanderer, und immer mehr Locals. Der Kamin wärmt, die Jukebox spielt, und das Bier schmeckt. Die anfangs sehr seltsame Atmosphäre wechselt in der Bewertung von „beängstigend“ zu „cool“, die Beklemmung weicht, alle tauen auf. Schließlich sind dreißig Leute in dem kleinen Raum, die anderswo sicher nie so zusammengekommen wären, es entstehen Gespräche über Gott und die Welt, und schlussendlich kommt sogar die Pizza. Fehlen nur noch – die kanadischen Schwestern. Und tatsächlich, die Tür geht auf, und die beiden kommen unter großem Gejohle herein!

Es wird der mit Abstand bisher beste Abend auf dem PCT. Niemand wandert heute noch weiter, alle bleiben, bis die Eigentümerin ihre Kneipe um 22:00 zusperrt. Danach zelten wir auf dem umzäunten Nachbargrundstück.

2 Comments

  1. Albrecht

    Das Nachbargrundstück mit den Hunden, das du umwandern musstest? Ein schönes Bild dafür, wie man Grenzen und Zäune überwindet!👍

  2. Anton Wittmann

    Hallo lieber Gregor,
    liebe Grüße aus dem sonnigen Deutschland. Es ist schön, Dich auf Deiner Tour begleiten zu können. Habe eine wundervolle Zeit.
    Anton

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