PCT Tag 6, Zero in Mazama

Nach der ersten Tour beschließe ich, auf meinen Körper zu hören und einen Ruhetag in Mazama einzulegen. Im Jargon: Zero, ein Tag mit null Meilen. Ich erstehe neue Wanderstöcke und sehe meinen Rucksack kritisch durch. Ergebnis: vier Kilo Gewichtsersparnis! Vor allem, weil ich viel weniger Essen brauche, als ich kalkuliert hatte. Von wegen Hiker Hunger – im Moment habe ich wenig Appetit und schnalle den Gürtel enger.

Im Laufe des Tages machen sich die anderen Wanderer wieder auf den Weg. Eins unserer Gespräche bleibt bei mir hängen. Ich drückte meine Verwunderung darüber aus, wie freundlich und hilfsbereit mir vollkommen fremde Menschen auf dem Trail begegnet sind. Darauf meinte Chezwick (im Bild in der Mitte): „Wenn du dein Menschenbild aus den Filmen und den Nachrichten beziehst, könntest du sehr leicht zynisch werden. Aber in der Wirklichkeit wollen die meisten Menschen gut sein, hilfsbereit und freundlich. Sonst wären solche langen Wanderungen gar nicht möglich. Du wirst immer wieder auf die Güte anderer Menschen angewiesen sein.“ Das in irgendwelchen Büchern zu lesen, ist das eine. Es von jemandem zu hören, der seit Jahren darauf vertraut, dass es auch stimmt, gibt der Sache ein ganz anderes Gewicht. Meine Lektion des Tages.

Nach dem Frühstück ziehen die anderen Wanderer weiter, ich bin mit Ravensong alleine. Sie fragt, ob ich ihr helfen könne, den kurzen Bewässerungsgraben für ihren Apfelbaum zu entschlammen – „dann kann ich die NOBO-Wanderer im September mit roten Äpfeln empfangen.“ Klar kann ich das, und so verbringe ich eine Stunde mit Spaten und Spitzhacke, danach fließt das Wasser wieder. Ich frage, wie sie Ravensong’s Roost finanziert. Sie weist mich auf eine Spendendose hin. Zuschüsse von irgendwoher gibt es keine, kostendeckend ist das ganze auch nicht. Sie macht es, weil sie selbst seinerzeit vielfältige Hilfe erfahren hat.

Während des Tages weitet sich der kleine Waldbrand drastisch aus. Die Sonne verfärbt sich durch den Rauch zu einem unnatürlichen orange, Asche fällt auf mein Zelt. Im Innenhof der Bäckerei, dem einzigen Treffpunkt des Ortes, werden Neuigkeiten über den Brand ausgetauscht, pausenlos fliegen die Löschflugzeuge und Helikopter. Dem Feuer tut dies bei staubtrockenen 35 Grad und aufkommenden Wind wenig – es wächst weiter. Ich sehe auf den lokalen Webseiten nach, am Spätnachmittag brennen vier Quadratkilometer. Der PCT liegt westlich vom Feuer, bei Westwind im Prinzip sicher – Mazama liegt östlich, aber durch eine Bergkette getrennt. Bleibt die Frage, ob es morgen möglich sein wird, von Mazama zum Harts Pass zu gelangen. Die Feuerwehr hat schon vor Tagen Alarmstufe eins von drei ausgelöst – bei drei wird evakuiert.

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