Etwas mehr als eine Woche in Everett

Ich checke im Hampton Inn in Everett ein. Die Leute schauen ein bisschen komisch wegen der Krücken, aber niemand sagt etwas. Ich komme in ein anonymes Hotelzimmer und kann mich zunächst nur mit Krücken und nur unter Schmerzen bewegen. Die Therapie heißt ruhig stellen, hoch legen und warten. Das kann ich … Essen gibt es vom Pizzaservice, nur Strom fürs Handy ist knapp, mein USB-Ladegerät liegt postlagernd in Leavenworth, über 100 Meilen entfernt. In Amerika kann man doch fast alle Probleme mit Geld lösen? Ich google, dass es in Everett einen Einkaufsservice gibt. Zwei Stunden und zehn Dollar später steht eine Studentin mit einem neuen USB-Ladegerät vor meiner Hotelzimmertür.

Die Tage vergehen, ich kann die Schmerztabletten absetzen, die Pakete aus Leavenworth nach Everett kommen lassen, und langsam meinen Radius erweitern. Werde ich bald wieder wandern können? Mein deutscher Physiotherapeut macht mir am Telefon Hoffnung – die Schwellung selbst sollte in fünf Tagen zurückgegangen sein, dann kann man mehr sagen.

Zwar geht die Schwellung zurück, aber ein Band hat etwas abgekriegt. Der Nachsorgebesuch beim amerikanischen Arzt bestätigt, dass die vollständige Heilung etliche Wochen in Anspruch nehmen wird. Damit läuft mir die Zeit davon: mein Aufenthalt in Amerika ist ja auf 90 Tage befristet, davon sind fast 40 herum, wenn jetzt noch sagen wir drei Wochen Heilung gebraucht werden, dann bleibt nicht mehr viel Zeit zum weiterwandern. Außerdem wird auch ein günstiges Hotel ziemlich schnell ziemlich teuer, wenn man sich wochenlang einquartiert. Drei Wochen Binge Watching von alten Serien auf Amazon Prime, und dafür täglich eine Hotelübernachtung bezahlen, oder nicht doch lieber erstmal nach Hause fliegen und wiederkommen, wenn es wieder geht?

Der Schwabe in mir errechnet den Breakeven bei 10 Tagen. Das macht die Entscheidung leicht, zumal bei einer neuen Reise wieder volle 90 Tage zur Verfügung stehen. Nachdem ich wieder einigermaßen beweglich bin, beschließe ich, am 30. Juli zurückzufliegen, und dann von Deutschland aus neue Pläne zu machen.

1 Comment

  1. Andreas

    Lieber Gregor, gottseidank is Dir bei dem Sturz nichts schlimmeres passiert! Ich wünsche Dir gute und vollständige Besserung! Viele Grüße, Andreas

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