Am Morgen wandern die kanadischen Schwestern und ich getrennt weiter. Während die beiden gerne ein gleichmäßiges Tempo gehen, laufe ich bergab schneller und bergauf langsamer – das passt in weitgehend ebenem Gelände noch zusammen, aber heute geht es erstmal fast zehn Meilen bergab.
Ich komme schnell voran, und das hat einen Grund: am Ende des Berges wartet im Tal der Cajon-Pass, seit Jahrhunderten eine der wichtigsten Verbindungen vom Pazifik ins Colorado-Plateau. Der Pass gehört ebenfalls zur Sankt-Andreas-Verwerfung, die eine bizarre Landschaft entstehen ließ.
Vor Jahren führte hier die berühmte Route 66 durch, siehe oben! Heute ist es die vielspurige Interstate 15, und eine ebenfalls vielspurige Eisenbahnverbindung. Auf dieser fahren seit Jahrzehnten endlos lange Güterzüge kalifornisches Obst und Gemüse an die Ostküste. Und seit einigen Jahren zusätzlich viele tausend Container voll Importgütern, die mit dem Schiff aus Fernost an der amerikanischen Pazifikküste angekommen sind.
Es ist aber nicht der Verkehr, der mich zieht. Am Cajon-Pass gibt es einen Rastplatz, und dort wiederum das einzige McDonald’s direkt am PCT! Warmes Mittagessen! Dafür kann man schon mal einen Schritt schneller gehen.
Bevor wir dort ankommen, gibt es noch eine Überraschung. Für einen Mitwanderer ist der Weg am Cajon-Pass zu Ende, er wird von seiner Frau abgeholt. Und die hat einen ganzen Kofferraum voller Leckereien dabei, die sie an die ankommenden Wanderer verteilt! Bei M&MS, Gatorade und Budweiser verabschieden wir uns und bedanken uns für diese spontane Trail Magic.
Das McDonald’s anschließend ist für mich eine herbe Enttäuschung. Die Speisekarte ist direkt aus dem letzten Jahrhundert: es gibt keine vegetarischen Burger, keine Zwiebelringe, keinen Salat, noch nicht einmal Lemonade! So benutze ich nur die stark renovierungsbedürftigen Toiletten und sehe mich auf der benachbarten Tankstelle nach vegetarischem Essbaren um. Dort gibt es einen Stand mit Kartoffel-Tacos! Immerhin. Für vierzehn Dollar erhalte ich fünf Stück, und auch mein Mittagessen ist gerettet.
Nach der Mittagspause und nach der Bergab- Strecke des Vormittags geht es nachmittags unweigerlich wieder bergauf, und das sehr lange. Ich wandere bis zum Einbruch der Dunkelheit und suche mir einen Zeltplatz im Gestrüpp – das bietet guten Windschutz. Nach 19.5 Meilen endet meine bisher längste Tageswanderung.