Nach Hikertown kommt der trockenste und normalerweise heißeste Abschnitt des gesamten PCT: Es geht durch die Mojave-Wüste, und zwar zunächst einmal gut einen Tag lang durchs Tal. In den Bergen war es freundlicherweise immer etwas kühler wegen der Höhe – diese Erleichterung fällt jetzt erstmal weg. Und deshalb wird der nun folgende Abschnitt von PCT-Wanderern traditionell als Nachtwanderung begangen. Ich hätte das nicht unbedingt tun müssen, ich bin früh im Jahr unterwegs und es ist nicht besonders warm, dafür sehr windig. Aber ich schließe mich der Tradition gerne an.
Apropos Tradition: ich habe mich entschlossen, den Trail Name Strider anzunehmen! Jetzt muss ich das Gazelle nur noch mitteilen, doch die ist ihrem Namen getreu über alle Berge, und eine Email-Adresse oder Telefonnummer habe ich nicht … bin gespannt, wie das gehen soll.
So stelle ich mich meinen beiden Mitwanderern für diesen Tag, Gunny und Six Eyes, erstmals mit Trail Name vor. Und verabschiede mich von Stardust und Lime-a-ritha, die noch ein paar Tage in Hikertown bleiben wollen. Stardust hat inzwischen gelernt, Tamales zu machen …
Um 17:00 wandern wir los. Zunächst queren wir das offene und neuere California Aqueduct:
Danach führt der Weg zum geschlossenen Los Angeles Aquaeduct. Beiden ist gemein, dass sie einen Teil der Sierra Nevada trocken legen, um damit die großen Wüstenstädte am südkalifornischen Pazifik zu bewässern. Zumindest den Bewohnern des Owens gefiel das so wenig, dass die Auseinandersetzung über das LA Aquaeduct in den amerikanischen Geschichtsbüchern als California Water Wars geführt werden … Wikipedia weiß mehr dazu.
Im ersten Teil der heutigen Wanderung ist das Aquaeduct als schwarze Stahlröhre ausgeführt, auf der man auch laufen kann! Siehe das Bild ganz oben. An einer Stelle kommt man auch unter dieser Röhre her:
Der Weg führt durch ganze Wälder von Joshua Trees:
Dann geht die Sonne über dem Aquaeduct unter:
Schließlich sehen wir auch die Joshua Trees im letzten Tageslicht:
Unsere Wanderung ist damit nicht beendet. Wir packen unsere Stirnlampen aus und marschieren weiter durch die Nacht. Schon bald kommen wir an die Stelle, ab der das LA Aquaeduct als unterirdische Betonröhre ausgeführt ist. Wir wandern (sehr ermüdend!) auf der sanft geneigten Oberfläche dieser Betonröhre entlang. Abwechselung gibt es nur, wenn eine der ziemlich großen, nachtaktiven Mäuse der Mojave-Wüste durch den Kegel der Stirnlampe huscht. Dass wir uns einer der größten Windfarmen der Welt nähern, ist in der Dunkelheit nicht zu erkennen.
Dafür meldet sich der Durst. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie: wir wandern auf einem künstlichen Fluss, der täglich tausende von Kubikmetern Wasser nach Los Angeles transportiert, aber wir haben für fast 18 Meilen kein Wasser! Alle Zugänge sind verschweißt und verschlossen. Und der Wasserhahn nach 18 Meilen ist abgestellt – wegen Wasserknappheit im Aquaeduct! Dass es dort etwas zu trinken gibt, ist einzig den Trail Angels zu verdanken, die hier ein Wasserlager, einen Cache, unterhalten.
Am Cache angekommen, füllen wir unsere Flaschen nach. Wir haben weniger Wasser gebraucht als gedacht – nachtwandern ist wassersparend. Gunny und Six Eyes wollen noch sechs Meilen weitergehen; mir reicht es für diese Nacht. Ich finde in der Nähe einen windgeschützten Zeltplatz neben einem großen Joshua Tree und schlage mein Zelt auf.