Am Morgen schaue ich zurück auf den Donohue Pass.
Im Hintergrund die Schneefelder, über die ich gestern im Sonnenuntergang abgestiegen bin, im Vordergrund der letzte Fluss, der zu überwinden war. Heute morgen führt er deutlich weniger Wasser!
Als ich mich umdrehe, sehe ich, dass ich beim Fotografieren beobachtet wurde:
Was dort neugierig aus einem Erdloch schaut, müsste ein Ground Squirrel sein. Ich denke, auf deutsch wäre das dann ein Erdhörnchen.
Die Wanderung folgt für den größten Teil des Tages den Mäandern der Lyell Fork des Tuolumne Rivers. Hier kommt zum ersten Mal so etwas wie deutsche Mittelgebirgs- oder Voralpenstimmung auf. Allerdings auf einer Größenskala und in einer wilden Einsamkeit, die ich so aus Deutschland überhaupt nicht kenne:
An diesem Fluss erreiche ich einen weiteren Meilenstein: 1500 km sind geschafft! Da die Amerikaner dies nicht erwähnenswert finden, Male ich mir die Markierung kurzerhand selber mit dem Wanderstock in den Boden:
Weiter geht’s am Lyell Fork entlang:
Nach etlichen Stunden verlasse ich dann das grüne Tal. Der Lyell Fork ist inzwischen mit anderen Flüssen zusammengeflossen, heißt jetzt Tuolumne River und fließt über ein Steinplateau. Ich bewundere die Bäume, die es irgendwie geschafft haben, durch diese Steinplatte hindurch zu wachsen:
Nach dem Steinplateau folgt Tuolumne Meadows. Der inzwischen Recht mächtige Fluss fließt über viele Meilen durch eine malerische Bergwiese. Für Amerikaner und für die Höhe, in der dies passiert, etwas ganz besonderes. Das ist mir allerdings erst im Nachhinein klar geworden. Als ich dort gewandert bin, fand ich den Anblick so gewohnt, dass ich noch nicht einmal fotografiert habe …
Der Weg kreuzt in Tuolumne Meadows die Tioga Road, die hochgelegene Passstraße, die Yosemite Valley mit dem Owens Valley verbindet. Das ist nach 169 Meilen die erste Straße seit dem Walker Pass, die den PCT kreuzt! So gesehen hat mich die Zivilisation wieder. Hier gibt es einen Laden, ein Postamt, verschiedene Einrichtungen des Nationalparks, und im Prinzip einen Campingplatz und ein Hotel. Letztere sind allerdings nach den Bränden des Vorjahres noch geschlossen.
Ich ergänze meine Verpflegung und setze mich an einen Picknicktisch an der Straße. Die Straße wird gerade neu gemacht, im Minutentakt wirbeln schwere Baufahrzeuge Staub, Sand und Teer auf. Sehr bald beschließe ich, weiter zu gehen.
Nach ein paar Minuten bin ich wieder im Grünen, und nach ein paar Meilen kommt das letzte Highlight des Tages: der große Wasserfall des Tuolumne Rivers am Zeltplatz Glen Aulin.
Ich esse direkt am Ufer mit Blick auf den Wasserfall mein Abendessen. Von der nahegelegenen Brücke aus gibt es den Blick auf den Sonnenuntergang:
Anschließend schlafe ich in meinem Zelt auf einem Platz, der für hunderte Camper ausgelegt ist. Da der National Park Service ihn allerdings in diesem Jahr nicht bewirtschaftet, ist bis auf die Toiletten und die Bärenkisten alles geschlossen. Mir soll es Recht sein – ich brauche für mein Zelt nur ein halbwegs ebenes Stück Erde.