PCT 2022 Tag 125, 17.2 Meilen bis Meile 1219.7

Vom heutigen Tag habe ich nur ein Bild – siehe oben. Wir sind in Nordkalifornien angekommen: Am Horizont erscheint der erste einer ganzen Reihe großer Vulkane, die ab jetzt dem Trail seinen Rhythmus geben und dem Horizont seine Highlights. Den meisten Teil des Tages geht es allerdings durch den Wald, weitgehend unverbrannt, schön, aber eben auch unspektakulär für die Kamera. Wir kommen gut voran – bis zum Tagesende sind 17.2 Meilen geschafft.

Und kurz vor Ende des Tages steht für mich die Entscheidung an, wie es weitergehen soll. Nach 15.1 Meilen erreichen wir die Straße von Quincy nach La Porte. Diese Straße ist die letzte Möglichkeit, vor dem jetzt folgenden großen Brandgebiet aus dem Trail auszusteigen, nach Quincy zu trampen und dann von da aus weiter zu sehen. Ich entscheide mich dafür, den Trail zu verlassen, verabschiede mich von Waterfall, die sich entschieden hat, weiterzugehen, und stelle mich an die Straße. Die verschiedenen Kommentare in der Wanderer-App Far Out bewerten die Möglichkeit, hier zu trampen, sehr unterschiedlich. Während die einen sagen, sie seien innerhalb von zehn Minuten mitgenommen worden, schreiben andere, dass sie einen ganzen Tag lang gewartet hätten, ohne eine Mitfahrgelegenheit zu bekommen. Ich stelle mich auf eine längere Wartezeit ein und halte den Daumen heraus. Und es passiert – nichts. Fast zwei Stunden stehe ich an der Straße, und es kommt nicht ein einziges Auto vorbei. Abgesehen von einem offiziellen Fahrzeug des US Forest Service, das niemanden mitnehmen darf. Ich überlege, wie es weiter gehen soll. Es ist inzwischen 19:00 an einem Freitag Abend. Ich stehe an einem Ort, an den keine Tages- oder Wochenendtouristen kommen. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass heute Abend noch ein Auto hier vorbei kommt. Und morgen auch. Und Sonntag auch … wahrscheinlich müsste ich bis Montag warten, bis dass der Berufsverkehr losgeht, bevor es von hier aus weitergeht. Drei Tage auf eine Mitfahrgelegenheit warten? Nicht sehr verlockend.

Ich sehe auf die Karte, um die Alternative zu erkunden. Der nächste Zeltplatz befindet sich in zwei Meilen Entfernung – das ist gut zu schaffen, bevor es dunkel wird. Und bis Sonntag Abend hätte ich das Brandgebiet zumindest halb durchquert. Deutlich verlockender als hier auf ein Auto zu warten, das nicht kommt!

Und dann ist da noch ein Argument auf einer viel tieferen Ebene. Ich bin hierher gekommen, um den Pacific Crest Trail zu gehen. Dazu gehört auch, die Schwierigkeiten, die der Weg mit sich bringt, anzunehmen und zu bewältigen, ziemlich egal, was kommt. Zumindest, solange es nicht lebensbedrohlich wird. Wäre ich wirklich zufrieden, wenn ich aus meiner Fernwanderung jetzt eine Highlights-Tour der Sierra Nevada mache? Wie würde ich in ein paar Wochen darüber denken, bei einer unbequemen Stelle den einfachen Ausweg gewählt zu haben?

An diesem Punkt in meinen Gedanken beschließe ich, weiterzugehen. Ich werde nur noch dann Trail überspringen, wenn er gesperrt ist – zum Beispiel, weil es brennt. Ansonsten werde ich den Weg so nehmen, wie er kommt, und sehen, was der Weg bringt und was er mit mir macht. Auch wenn ich mir ein Brandgebiet deprimierend vorstelle und ich eigentlich gekommen bin, um grüne Wälder zu sehen. Aber das hier ist Natur und Realität, und der möchte ich mich stellen. Auch und gerade, um vielleicht zum Thema Klimawandel, und was der Klimawandel mit unserem Planeten tut, eine Anschauung und ein Gefühl zu entwickeln, was hier viel unmittelbarer möglich ist, als im bis jetzt vergleichsweise wenig betroffenen Deutschland.

Zwei Stunden, nachdem ich an die Straße gekommen bin, gehe ich weiter. Eine weitere Stunde später komme ich am Zeltplatz an und treffe Waterfall wieder, von der ich mich drei Stunden zuvor verabschiedet hatte.

„Du doch hier?“ – „Hab es mir anders übelegt. Ich komme mit durch die Burn Area.“

2 Comments

  1. Elaina+Hyde

    Hallo Gregor, Just thinking about you. I find it hard to imagine the reality of you still walking as Autumn falls here. Gruss Gott ! Elaina+

  2. Gregor

    Hello Elaina,

    your imagination is spot on! I have come off trail on August 11th, which was my day 152, and I have since returned to Germany. However, since I have always written my blog with a little bit of time lag, there will still be new post for a month or so to come.

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